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Pressestimmen

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Wohlfühlhügel

Ehre sei Gott in der Höhe – Sächsisches Vokalensemble, Batzdorfer Hofkapelle, Matthias Jung

Label/Verlag: cpo

Die Musikgeschichte in der Zeit zwischen Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach wurde in früheren Tagen […] vielfach geringgeschätzt. Albert Schweitzer […] formulierte es so: „Der Weg von Schütz zu Bach führt über Hügel, nicht über Gebirge.“ Bei aller Wertschätzung für Person und Werk Schweitzers – diese Perspektive wurde in den vergangenen Jahrzehnten vielfach in Frage gestellt, mit Gegenargumenten versehen und vor allem praktisch zurückgewiesen: in etlichen gewichtigen Beiträgen zu einer gerade für diese sogenannte „Zwischenepoche“ besonders reichhaltigen Diskografie auch für eine immer breiter werdende Hörerschaft nachvollziehbar.
Ein klingender Beitrag zu diesem Reigen war vor etlichen Jahren eine Platte des von Matthias Jung geleiteten Sächsischen Vocalensembles mit einigen Kantaten zur Weihnachtszeit. Jetzt liegt wiederum bei cpo der zweite Teil vor, mit Werken von Johann Schelle, Christian Liebe, Philipp Heinrich Erlebach, Johann Rosenmüller und Gottfried Vogel zu einem Teil prominent, zum anderen mit Blick auf das Repertoire durchaus erkenntnisfördernd bestückt. Das Programm geht auf die reiche Überlieferung der Fürsten- und Landesschule St. Augustin Grimma zurück […].
Die Vokalsoli werden von Anne Stadler und Dorothea Wagner (Sopran), Stefan Kunath (Altus), Alexander Bischoff (Tenor) und Felix Schwandtke (Bass) bestritten. Es sind sämtlich junge, gleichwohl im Repertoire dieser Zeit und Prägung schon deutlich profilierte Stimmen, die sich souverän auf dem schmalen Grat zwischen echter solistischer Geste und gesammeltem Ensemble bewegen. Das mit zwölf Stimmen angemessen schlank besetzte Sächsische Vocalensemble setzt den konzentrierten, jugendlich-frischen Klang des Solistenensembles ins Chorische hinein fort, wirkt beweglich und ist mit wachem Sinn für Faktur und ästhetischen Zuschnitt der Kompositionen ausgestattet.
Instrumental werden die vokalen Anteile durch die Batzdorfer Hofkapelle grundiert und gerahmt, bis auf die je doppelt besetzten Violinen und Violen solistisch geführt, zu den Streichern kommen noch Blockflöte, Dulzian, Laute, Orgel, Trompete und Pauken. Deren Potenzial verbindet sich trotz manch größerer Wirkung zu einem schimmernden, überwiegend leichten Ensembleklang von immer wieder kammermusikalischer Intensität, realisiert in federnd-eleganter Rhythmik.
Matthias Jung ermöglicht ein freies Fließen der Tempi, findet mit seinen willigen Ensembles aber auch zu Passagen gesteigerter Signifikanz. […] Makellose Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit prägt die Welt der Intonation; Texte werden expliziert, ohne dass musikalische Gesten dadurch austrocknen würden – ja, es werden immer wieder Stimmungen evoziert und auch die emotionalen Botschaften des weihnachtlichen Geschehens adressiert. Technisch bietet die Aufnahme ein elegantes Abbild der farbigen, gelegentlich filigranen Musik, edel in der Struktur, stimmig in der Balance.
Matthias Jung liefert mit dem Sächsischen Vocalensemble und der Batzdorfer Hofkapelle einen ebenso klangfreudigen wie eloquenten zweiten Teil der Betrachtungen zu mitteldeutschen Barockkantaten zur Weihnachtszeit.

 

Dr. Matthias Lange