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In Erinnerung an das Wirken des Künstlerpaares Robert und Clara Schumann in ihrer Dresdner Zeit.

Ein Gedenkweg

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as Künstlerpaar Robert und Clara Schumann lebte von Dezember 1844 bis August 1850 in Dresden. In diesem Zeitraum entstand rund ein Drittel des von Robert Schumann geschaffenen Gesamtwerkes, u. a. die 2. Sinfonie, die Oper „Genoveva“, die „Szenen aus Goethes Faust“, die Bühnenmusik zum dramatischen Gedicht „Manfred“ sowie Kammermusik, Chorwerke, zahlreiche Lieder und Klavierstücke. Das „Album für die Jugend“, dessen Autograph zum Bestand des Buchmuseums der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden gehört, ist ein Kleinod der Klavierliteratur. Das Klavierkonzert a-Moll, dessen 2. und 3. Satz Robert Schumann in Dresden vollendete, wurde von Clara Schumann im Konzertsaal des Hotel de Saxe am Neumarkt zur Uraufführung gebracht.

All diese Werke zeigen die Dresdner Zeit als äußerst fruchtbare Schaffensperiode im Leben des Komponisten, Schriftstellers und Dirigenten. Die Einrichtung der Dresdner Abonnementskonzerte im Hotel de Saxe gehen auf das Engagement des Künstlerpaares ebenso zurück wie die Initiierung von Matineen im Coselpalais. Nicht zuletzt avancierten sie mit der Belebung der Kammermusik zu Mitbegründern einer bürgerlichen Musikkultur in Dresden. Robert Schumanns Übernahme der „Dresdner Liedertafel“ und die Gründung seines „Vereins für Chorgesang“ verbinden sich besonders mit seinem Wirken als Chordirigent und als Komponist bedeutender Chorwerke.

Unter dem Leitspruch „Sein Genius hat die Gaben reicher denn je gespendet“ (Clara Schumann zur Dresdner Schaffenszeit)widmen wir uns seit2010, dem 200. Geburtstag Robert Schumanns, mit einem jährlichen Musikfest diesem Erbe. Neben Konzerten, Ausstellungen und weiteren künstlerischen Formaten ist ein Gedenkweg entlang der Lebens- und Wirkungsorte in Dresden und Umgebung ein weiteres Segment unseres kulturellen Engagements für das Künstlerpaar. Der Robert-und-Clara-Schumann-Gedenkweg, mit den Stationen Palais Großer Garten, Coselpalais, Hotel de Saxe, Schloss Maxen, Kirche zu Kreischa, Schloss Weesenstein, Hirschbachmühle Glashütte, Schloss Pillnitz, Wieckhaus Loschwitz, wurde mit der Anbringung des 10. Medaillons am Lindenmuseum „Clara Schumann“ Schmorsdorf zum Abschluss gebracht. Die vom Dresdner Maler, Grafiker und Architekten Einhart Grotegut künstlerisch gestalteten Medaillons weisen auf das entsprechende biografische Ereignis hin, verleihen dem Wirken des Künstlerpaares Präsenz im öffentlichen Raum und ermöglichen den Dresdnern und den Gästen der Stadt, seinen Spuren zu folgen.

Chronologie der bisherigen Stationen

Die Anbringung des  1. Medaillons  am Westportal des Palais Großer Garten wurde im Rahmen der Robert-Schumann-Ehrung 2012 am 10. Juni mit der Aufführung von Schumanns weltlichem Oratorium „Das Paradies und die Peri“ – dargeboten vom Sächsischen Vocalensemble, dem dresdner motettenchor, Choristen des Knabenchores Dresden, Solisten und der Neuen Elbland Philharmonie unter Leitung von Matthias Jung – im Festsaal des Palais verbunden. Das Medaillon erinnert an die Uraufführung von „Fausts Verklärung“ aus Schumanns „Szenen aus Goethes Faust“ für Solostimmen, Chor und Orchester. Diese fand an selbiger Stelle im Rahmen der Gedenkfeiern zu Goethes 100. Geburtstag am 29. August 1849 unter Leitung des Komponisten statt; es sangen und musizierten die Dreyßigsche Singakademie, Schumanns Verein für Chorgesang sowie Solistinnen und Solisten der Sächsischen Hofoper und die Hofkapelle.

Anlässlich der Platzierung des
2. Medaillons  luden Geschäftsführung des Dresdner Piano Salons Kirsten und Vorstand des Sächsischen Vocalensembles e.V. am 9. April 2013 in das Coselpalais Dresden ein. Das Medaillon verweist auf die von den Schumanns, gemeinsam mit Ferdinand Hiller, initiierten „Musikalischen Matineen“ und Aufführungen des Vereins für Chorgesang in den Jahren 1846 bis 1850. Dieses von Robert Schumann gegründete Ensemble gab mehr als 20 Konzerte im Coselpalais und brachte seine neuesten Werke aus dem reichen Chorschaffen der Dresdner Jahre zu Gehör. Die Matineen an diesem Ort dienten zudem der Begründung einer städtischen Kammermusikszene und eröffneten dem Komponisten die Möglichkeit, seine ebenfalls in Dresden entstandenen kammermusikalischen Werke der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die Enthüllung des 3. Medaillons fand während einer „Musikalischen Landpartie“ der Robert-Schumann-Ehrung 2013 unter dem Titel „Wagner & Schumann“ am 15. Juni an einem weiteren authentischen Gedenkort statt. Schloss Maxen war zugleich Refugium, Ort künstlerischer Inspiration sowie Begegnungsstätte mit Künstlern und Persönlichkeiten des Dresdner geistigen Lebens. Hier arbeitete der Komponist am „Liederalbum für die Jugend“ op. 79 (in Kreischa vollendet), an den „Sechs Fugen über den Namen BACH“ op. 60 und an kammermusikalischen Werken. Clara und Robert Schumann erlebten das gastliche Haus der Familie des Majors und Mäzens Friedrich Anton Serre im Kreise Gleichgesinnter, genossen die Natur mit ihren Kindern auf ausgedehnten Wanderungen. Während des Dresdner Maiaufstands 1849 konnten sie Zuflucht auf dem Schloss nehmen.

Steigenberger Hotel de Saxe Dresden und Sächsisches Vocalensemble e.V. begrüßten gemeinsam am 30. März 2014 zahlreiche Besucher zu einem Empfang an diesem musikgeschichtlich bedeutsamen Ort. Das Hotel war im 19. Jahrhundert – neben dem Palais Hoym, Sitz des Vereins „Harmonie“ und des Conservatoriums für Musik – ein ausgewiesenes Zentrum des Dresdner Musiklebens und Ort musikalischer Soireen sowie Abonnementskonzerte. Das  4. Medaillon am Eingang zum Hotel gedenkt der Uraufführung von Robert Schumanns Klavierkonzert a-Moll op. 54 mit Clara Schumann als Solistin. Unter der Leitung von Ferdinand Hiller fand das Konzert am 4. Dezember 1845 begeisterte Aufnahme. Prof. Peter Rösel, Schumann-Preisträger und ausgewiesener Interpret der Werke des Komponisten, übernahm in der Feierstunde den Solopart des ersten Satzes aus genanntem Klavierkonzert. Den Orchesterpart übernahm am Klavier der Dirigent Prof. Christian Kluttig.

Zum Auftakt der Robert-Schumann-Ehrung 2015 „Reflexionen“ fand die musikalische Feierstunde des Sächsischen Vocalensembles e.V. am 12. Juni in der Kirche zu Kreischa statt.Am Aufgang zur Kirche erinnert das
5. Medaillon
an den Zufluchtsort der Schumanns während der revolutionären Ereignisse in Dresden vom 11. Mai bis 12. Juni 1849. In einem Brief an seinen Verleger Härtel schrieb Schumann am 20. Mai 1849: „Sonst befinden wir uns hier sehr wohl und heiter; es ist einer der lieblichsten Orte um Dresden; überall schöner Busch, muntere Quellen – und auch Forellen.“ Eine Vielzahl von Kompositionen entstand während dieser Zeit. Die Umgebung, die Jahreszeit und ein seelischer Aufschwung beflügelten Schumanns Schaffenskraft. Es entstanden etwa die „Jagdlieder“ op. 137 – fünf Gesänge für vierstimmigen Männerchor und vier Hörner.

Schloss Weesenstein, Ziel von Wanderungen der Schumanns im Kreise der Familie und mit Künstlerfreunden, war die nächste Station auf dem Gedenkweg. Gewidmet ist das Medaillon an diesem Ort Clara Schumann. Sie hatte sich noch als Clara Wieck aus Leipzig am 6. Juli 1837 ins Gästebuch von Schloss Weesenstein eingetragen. Laut ihrem Tagebuch verweilte sie seit dem 28. Mai bei der Familie Serre in Maxen – es ist das „Trennungsjahr“ von Robert Schumann. Unter strenger Beobachtung ihres Vaters Friedrich Wieck stehend, hatten sich die Liebenden seit Februar 1836 nicht mehr gesehen. Das  6. Medaillon wurde am 10. Juni zur Robert-Schumann-Ehrung 2016 „Weltliches und Geistliches“ an einem Portal des Schlossparkes angebracht.

Die Robert-Schumann-Ehrung 2017 widmete sich der außergewöhnlichen Künstlerfreundschaft zwischen Robert Schumann und Felix Mendelssohn Bartholdy. Am 10. Juni 2017 führten Prof. Dr. Hans John und Kammersänger Prof. Peter Schreier ein aufschlussreiches Gespräch zu dieser Thematik im Waldgasthof Hirschbachmühle, Ort der Rast und Einkehr der Familie Schumann während ihrer überaus produktiven Kreischaer Zeit. Den revolutionären Unruhen in Dresden entflohen, wohnten sie bis zum 12. Juni 1849 im „lieblichen Tal“ (R.S.) Das akribisch geführte Haushaltbuch von Schumann vermerkt unter dem 22. Mai 1849, dass die Familie eine „hübsche Partie nach der Hirschbachmühle“ gemacht habe. Das 7. Medaillon am Gasthof bezieht sich auf diese Notiz.

Ein Wandelkonzert des Sächsischen Vocalensembles zu den Kirchen in Pillnitz und Hosterwitz – Abschluss der Robert-Schumann-Ehrung „Robert Schumann und der Kontrapunkt“ am 10. Juni 2018 – bildete den musikalischen Rahmen für die Enthüllung des 8. Medaillons  am Wasserpalais von Schloss Pillnitz elbseitig. Es nimmt Bezug auf einen zweitägigen Ausflug von Robert und Clara Schumann mit dem Chorgesangverein. Im Haushaltbuch ist für den 20. und 21. August 1848 eine „hübsche Parthie nach Pillnitz“ erwähnt. Die so genannte „Parthie“ verband sich mit einem Ständchen für König Friedrich August II. in der königlichen Sommerresidenz. Das „höchstliebliche Schloss“ (R.S.) war ebenfalls mehrfach Ziel von Ausflügen mit der Familie und Künstlerfreunden.

Die Robert-Schumann-Ehrung 2019 gedachte Clara Schumann, der Pianistin, Komponistin, Musikpädagogin, Herausgeberin und Nachlassverwalterin der Werke ihres Mannes und achtfachen Mutter, zum 200. Geburtstag. Eigens zu diesem Anlass beauftragte das Sächsische Vocalensmble e.V. Ludger Vollmer, einen der erfolgreichsten Komponisten der Gegenwart, mit der Erarbeitung einer Widmungskomposition. Die Uraufführung seiner Kantate „CLARA!“ und die Darbietung von Chorwerken der Romantik fanden im Eröffnungskonzert des Elbhangfestes in der Loschwitzer Kirche begeisterte Aufnahme. Rund um die Enthüllung des 9. Medaillons am Wieck-Haus, dem letzten Wohnsitz des Vaters der Pianistin, Friedrich Wieck, konnte am 14. September zum „Fest für Clara“ geladen werden. Eine Tagebucheintragung Clara Schumanns vom Oktober 1873 nach dem Tod ihres Vaters beschreibt den schmerzlichen Verlust. Diese Notiz wurde auf das Medaillon übertragen.

Das 10. und letzte Medaillon  erhielt seinen Platz am Lindenmuseum „Clara-Schumann“, dem ehemaligen Spritzenhäuschen in unmittelbarer Nähe zur „1000-jährigen Linde“. Wanderungen Clara Wiecks und später der Familie Schumann führten einige Male an diesem einzigartigen, die Ortsmitte prägenden, Naturdenkmal vorbei. Der Text des Medaillons am „kleinsten Museum Deutschlands“, bezieht sich auf den Aufenthalt Clara Wiecks vom 11. Juni bis 13. August 1837 in Dresden und Maxen und nimmt eine Tagebucheintragung vom 22. Juli 1837 auf: „Nach der Probe um 12 Uhr Spaziergang nach der Linde die weiße Frau zu sehn, welche des Nachts ihre Wanderungen macht.“ Ein liebevoll ausgerichtetes Bürgerfest vom Heimatverein Maxen e.V. und der Gemeinde Schmorsdorf sowie Chorgesang des Sächsischen Vocalensembles verbanden sich am 12. September 2020, dem 180. Hochzeitstag des Künstlerpaares, zu einem würdigen Abschluss des Gedenkweges.

Beschreibung Medaillons

Größe: 22,5 zu 15 cm
Bronze patiniert = Grundtafel 
rostfreier Stahl = Schrifttafel
Schrift gelasert

Randwulstverschlingung mit den Anfangsbuchstaben
C(lara) / R(obert) / S(chumann)

Konzept und Projektleitung:
Anita Brückner
Vorstand Sächsisches Vocalensemble e.V.

Entwurf und künstlerische Gestaltung:
Einhart Grotegut
Dresdner Maler, Grafiker und Architekt

Wir sind voller Dankbarkeit, dass wir über die Jahre für unser Engagement bei zahlreichen Partnern „offene Türen“ vorfanden. Sie haben von Beginn an unser ambitioniertes Projekt unterstützt oder waren beratend tätig. Hervorzuheben sind besonders der Förderverein Palais Großer Garten e.V., der Heimatverein Maxen e.V. und die Hochschule für Musik Dresden Carl Maria von Weber. Für die fachliche Begleitung und die nationale sowie internationale Präsentation unseres Engagements für das Künstlerpaar sind wir der Projektleiterin des Schumann-Netzwerkes Frau Dr. Ingrid Bodsch dankbar verbunden. Anlässlich der Anbringung des letzten Medaillons grüßt sie mit folgenden Worten aus Bonn: Von den Ufern des Rheins begleite ich heute in Gedanken als Projektleiterin des Schumann-Netzwerks aber auch ganz persönlich eine besondere gemeinsame Feier des Sächsischen Vocalensembles e. V. und des Heimatvereins Maxen e.V., die beide schon jeweils über 10 Jahre zu unserer Schumann-Netzwerkfamilie gehören!“ Weggefährten und Impulsgeber hatten wir in den Musikwissenschaftlern Prof. Dr. Hans John, Prof. Matthias Herrmann und in dem Schumannforscher Dr. Gerd Nauhaus. Ersterem sei Dank für die aufschlussreichen Worte, die er einführend in das jeweilige Thema der Robert-Schumann-Ehrung fand. Bewegend sein Gespräch mit dem Schirmherrn unserer Robert-Schumann-Ehrung, Peter Schreier, anlässlich der Anbringung des Medaillons an der Hirschbachmühle im Jahr 2017. Herzlich danken wir auch dem Ehepaar Lange! Keine Mühe scheuend, haben sie über die Jahre dafür gesorgt, dass wir den Weg mit den einzelnen Stationen dokumentiert vor uns haben.

In unseren Dank schließen wir das Amt für Kultur und Denkmalschutz für dessen Anschubfinanzierung ein. Für die Erstellung des künstlerischen Entwurfs, Guss und Anbringung des Medaillons danken wir den zahlreichen Spendern – besonders auch den „Mehrfachspendern“, welche uns über die Jahre die Treue gehalten haben. Sie sind es, die es uns erst ermöglichten, den Gedenkweg mit einem schönen „Schlussstein“ zu verwirklichen. Von Herzen dankbar sind wir dem Gestalter der Medaillons. Der erfahrene Dresdner Künstler Einhart Grotegut schuf mit diesen Objekten einen edlen „Hingucker“. Die ineinander verschlungenen Anfangsbuchstaben von Robert und Clara Schumann sowie die Formgebung der Medaillons gehen mit dem jeweiligen Text eine anmutige Verbindung ein, welche beim Betrachten ein Weiterdenken assoziiert, so man sich mit Muße darauf einlässt. Mit dem Gedenkweg lösen wir den schon im Jahr 2010 formulierten Anspruch ein, die kulturelle Verantwortung für das Werk des Künstlerpaares verstärkt in das Musikleben Dresdens zu tragen und ihre Wirkungsorte im Stadtraum und im Umland sichtbar zu machen.

 

 

Anita Brückner,
Konzept und Projektleitung  
Vorstand Sächsisches Vocalensemble e.V.