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Pressestimmen

Sächsische Zeitung

Seelenverwandtschaft zwischen Dresden und Venedig

In Dresden feierten zwei berührende Konzerte den Ausnahmekomponisten und Hofkapellmeister Heinrich Schütz, der vor 350 Jahren starb.

[…] Als „Trostmusik“ firmierte das Programm des Sächsischen Vocalensembles am Sonnabend in der Dresdner Annenkirche. Matthias Jung, der den Chor seit der Gründung 1996 leitet, koppelte die Musikalischen Exequien, von Schütz 1636 als Trauermusik für den im Jahr zuvor verstorbenen Geraer Landesherren Heinrich II. Reuß verfasst, mit einer eigens geschaffenen zeitgenössischen Komposition, die am Sonnabend ihre Uraufführung feierte. Jung hatte den Leipziger Komponisten Bernd Franke gebeten, ein Werk für gemischten Chor zu schreiben, das die Brücke vom Schaffen des Altmeisters in unsere Zeit schlägt. […]
Die zwischen Klagen, Raunen und Wispern changierenden Stimmen loten die rhythmischen Freiräume von Frankes auch gesangstechnisch höchst ambitioniertem Werk aus, das „aleatorisch“ mit dem Zufall spielt, „also mit maximaler Polyphonie“, wie er selbst sagt. Engelsgleiche ätherische Schönheit trifft auf irdisches Entsetzen, Wörter wie „Schwingen“, „Pochen“, „Schein“ und „Schwebe“ spannen das elastische musikalische Geflecht. Aufs Beeindruckendste überlagern sich Geist, Gefühl und Klang – ein überzeugender Bogen von der Renaissance in ungewisse Zukünfte.
Auch mit den erwähnten Exequien und drei Schütz-Motetten aus der 1648 veröffentlichten „Geistlichen Chormusik“ zelebrierte das Vocalensemble, begleitet von Laute, Orgel, Gambe und Violone der Batzdorfer Hofkapelle als Basso continuo, seine reine, erhabene und doch emotional ans Wort gebundene noble Stimmkultur. Ein berührendes Konzert von wahrlich tröstlicher Schönheit.

Jens-Uwe Sommerschuh